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Dienstag, 27.05.2014: Vitorino dos Piáes - Ponte de Lima: 14,5 km

Weinlauben und Rosen




Nach einem gemütlichen und reichhaltigen Frühstück in Fernandas Küche machen wir uns auf den Weg nach Ponte de Lima. Das ist heute ein wirklich schöner Weg: viel Landschaft, Wein, Hügel, Rosen, nette kleine Orte und das alles im Sonnenschein - zumindest in der ersten Tageshälfte. Als wir in Ponte de Lima auf die Öffnung der Herberge warten, fängt es dann an zu regnen. Unterwegs kommen wir kurz hinter Portela de Facha an einer privaten Herberge vorbei, die (wie wir später erfahren) von einem Holländer geführt wird: Casa de San Tiago. Es hängen Jakobsmuscheln an Angeln entlang der Mauer des Anwesens. Diese Herberge soll sehr schön sein, wenn auch ein wenig teurer.

Ponte de Lima empfängt uns mit einer hochherrschaftlichen Platanenallee, die mich an Decize an der Loire erinnert. Da die öffentliche Herberge erst um 16.00 Uhr öffnen soll, vertreiben wir uns die Zeit mit einem Rundgang durch den Ort und einer Tasse Galao. Langweilig wird uns nicht dabei, denn eine Kindergartengruppe kehrt hier zum Eis essen ein und unterhält uns prächtig.

Die Hospitalera scheint ein Herz für wartende Pilger (inzwischen in leichtem Nieselregen) zu haben und lässt uns bereits um halb vier in die Herberge. Wir bekommen Bett Nummer 1 und Nummer 2. Die Herberge ist tipp-topp renoviert, mit geräumigen sauberen Sanitärs, einer Küche, freiem Internet, einem schönen Garten und einer Terasse vor dem Schlafsaal. Es gibt Einzelbetten und Spinde dazu! Wir waschen, aber nichts trocknet, da wir wegen des Regens unter dem Dach bzw. drinnen aufhängen müssen und es eigentlich schon zu spät ist.

Die drei Australier treffen auch hier ein, Eeva und Mika sind in eine Pension gegangen und die drei deutschen "Mädels" kommen in der Jugendherberge unter. Denen war die Öffnung der Herberge zu spät. Lutz und Franzi treffen wir auch, doch heute wollen sie definitiv weiter gehen, sie rechnen damit, am Wegesrand unter ihrem Tarp zu schlafen. Wenn sie das schon mitgeschleppt haben, wollen sie es auch ausprobieren!

Abends schließen wir uns den Australiern an und bekommen ein leckeres Pilgermenü, das uns ein sehr emsiger, netter und bemühter Kellner kredenzt. Hier gibt es (noch) keine Touristen-Abzocke! Im Gegenteil: man spendiert uns noch reichlich Schnaps als Digestif! Zurück in der Herberge schlafen die anderen bereits, so dass wir nicht mehr vorpacken können.

Unterkunft: Ponte de Lima: öffentliche Herberge 5 €


  Bildstock mit Pilger bei Facha

R.Joos-S.101

Die Steinchen liegen anders ;-)
 
 
 
 
 
  Vor Ponte de Lima
 
  Ponte de Lima
 
  Der Schlafsaal in Ponte de Lima
 
  Ponte de Lima
 


Mittwoch, 28.05.2014: Ponte de Lima - Rubiaes: 17,3 km

100-km-Marke und höchster Punkt!




Dies soll heute also die Bergetappe sein! Na ja, es ging schon immer mal bergauf, ins Schwitzen kam man auch, aber das ist nichts gegen die Steigungen auf dem Camino Frances!

Auf jeden Fall machen sich alle irgendwie Mut für diese Etappe. Und man schaut morgens etwas ängstlich gen Himmel, ob es denn regnen würde, es hat schließlich die ganze Nacht geregnet! Aber wir haben Glück, es bleibt trocken. Es hängen nur überall die Tropfen der Nacht. Vor dem letzten Anstieg gibt es noch ein Sande und ein Galao in Codecal - sozusagen "die letzte Raststätte vor der Wildnis". In der kleinen Bar kehren alle ein - man will auf Nummer sicher gehen, denn der Pilgerführer vermittelt den Eindruck, dass es Versorgungsengpässe geben könnte. Man wird mit Hallo begrüßt und die frei werdenden Plätze werden sofort wieder belegt.

Ein weiterer Treffpunkt ist am Cruz dos Franceses, kurz vor dem höchsten Punkt. Zugegeben, an dieser Stelle ist man sehr froh über einen Stopp, denn der Anstieg ist dann doch Schweiß treibend. Es herrscht geradezu Partystimmung am Kreuz, das für mich keinem Vergleich zum Cruz de Ferro am Camino Frances Stand halten kann, auch wenn das Pilgerhandbuch diesen Eindruck vermittelt.

Das liegt vielleicht an der gesamten Stimmung auf diesem Caminho Portugues - die für mich ganz anders ist, als die auf dem Camino Frances. Hier ist man mehr als Wanderer und Urlauber unterwegs - es fehlt für mich "der Geist des Camino". Es sind viel mehr Leute hier, die einfach mal für zwei Wochen laufen wollen, die das in ihrem Jahresurlaub schaffen können. Es sind viel mehr Paare unterwegs - die hier eben ihren Urlaub machen. Es gibt viel weniger "tiefschürfende" Gespräche.

Auf dem Camino Frances gab es einen typischen Frage-Ablauf:
1. Wo kommst du her?
2. Wo hast du angefangen?
3. Wie lange bist du unterwegs?
Aber als nächstes kam irgendwann immer die Frage: Warum bist du auf diesem Weg? Und dann kamen die interessanten Gespräche. Das ist auf dem Camino Portugues anders. Da fragt niemand nach einem "Warum".

Trotzdem ist auch auf diesem Camino das Wichtigste, dass man so viele tolle Begegnungen hat! Eine solche Begegnung wird auch heute vertieft: wir laufen die letzten 1 1/2 Stunden mit Mika und Eeva, den Finnen, zusammen. Wir liegen irgendwie auf einer Wellenlänge und es macht Spaß, sich mit ihnen zu unterhalten. Das wird bis Santiago auch so bleiben.

Nachdem wir eine neu eröffnete private Herberge in Rubiaes gesucht, aber nicht gefunden haben, gehen wir doch in die öffentliche Herberge dort. Sie ist eigentlich recht ordentlich, aber es ist niemand da, der sich kümmert. Also nehmen einige Menschen hier zu wenig Rücksicht: man lässt alles mögliche im Bad liegen, säubert nach Badbenutzung nicht nach, bunkert das Toilettenpapier, dass plötzlich nichts mehr da ist, leuchtet nachts wild im Schlafsaal herum und unterhält sich laut mitten im Schlafssal, obwohl eigentlich Nachtruhe herrschen sollte. Bei dieser Gelegenheit wird Rudi einem Spanier gegenüber etwas ausfallend in seiner Wortwahl - später begegnen wir diesem Spanier natürlich immer wieder!

Übrigens haben wir später die von uns gesuchte private Herberge Ninho Alojamento Local gefunden, sie ist wirklich nur 50 m weiter die Straße herunter. außerdem gibt es etwas oberhalb von Rubiaes in S. Roque noch eine private Herberge: Quinto, die gut, aber auch recht teuer sein soll.

Der Ort Rubiaes befindet sich ca. 500 m weiter die Straße hinab, dort gibt es ein ordentliches Restaurant mit reichlichen und preiswerten Pilgermenus (2 Suppen, 1 Grillteller, 1 Hähnchenteller, 1/2 l Rotwein, Bier, 2 Kaffee: 20 €!). Ein Stück weiter gibt es noch eine Bar mit kleinem Laden und noch ein kleines Stück weiter ein "richtiges" Restaurant, das die Finnen erfolgreich getestet haben.

Die Nacht ist stickig, Spanier lassen gerne die Fenster zu!

Übrigens, wir haben heute die erste Hunderter-Marke überschritten! Stolz!

Unterkunft: Rubiaes: öffentliche Herberge: Donativo


 
  Weiter geht's!
 
 
 
  Codecal

Letzte Rast vor dem Anstieg
 
  Das bewährte Trinksystem
 
  Cruz dos Franceses

Portela Grande

War gar nicht so schlimm!
 
  Rubiaes
 
  Rubiaes




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