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Sonntag, 25.05.2014: Rates - Barcelinhos: 14,9 km

Weiter auf Kopfsteinpflaster und Gott sei Dank auch durch Wald!




Nachdem sich ein deutsches Pärchen um halb sieben recht rücksichtsvoll aus dem Raum geschlichen hat, fängt der Österreicher an, sich laut über das nächtliche Schnarchen zu mokieren. Dann erst fragt er, ob noch jemand schläft! Wohl kaum!

Es war heute Nacht schon ein wenig schattig in der Unterkunft und auch morgens ist es draußen noch ziemlich frisch. Nach einem Frühstück in der Bäckerei geht es erst einmal durch Eukalyptuswald, später müssen wir leider wieder Pflasterstraßen treten. Das ist echt anstrengend! Das macht sich auch bei unseren Knien und mit einigen wenigen kleinen Blasen bemerkbar. Dank Leukosilk-Behandlung (Blasen damit abkleben, dann reibt es auf dem Leukosilk und nicht auf der Haut! - Rudi macht das prophylaktisch jeden Tag und hat nie wieder Blasen!) kriegen wir das aber schnell in den Griff.

Aber die ersten Kilometer sind echt schön, mit weiten Blicken im Morgendunst und riesigen wild wachsenden Callas.

Ab Rates ist der Weg gut markiert, gelb für die Richtung Santiago und blau in Gegenrichtung für den Weg nach Fatima.

In Pedra Furada folgen wir brav dem Tipp des Führers und kehren in Antonios Bar ein um ein Sande Mixta mit Kaffee zu uns zu nehmen. Zugegeben, das belegte Brötchen hat Riesen-Ausmaße, aber der Preis ist schon an die Touris angepasst und nicht mehr "portugiesisch"! Auch wenn die heutige Etappe schon etwas abwechslungsreicher ist, ist Rudi etwas enttäuscht: er hatte sich das ganze etwas idyllischer vorgestellt, sagt er!

Unterwegs treffen wir Lutz und Franzi aus Berlin wieder, die einen Umweg über eine Anhöhe und dann noch ein ganzes Stück weiter als wir gehen wollen. Uns aber reicht die Etappe bis Barcelinhos. Denn man muss bei der Etappenplanung auch "vorausschauend" sein: Wie weit ist es jeweils bis zur nächsten möglichen Unterkunft? Wie lang werden die folgenden Etappen

Auf dem portugiesischen Weg ist die Infrastruktur für Pilger im Vergleich zu der auf dem Camino Frances in Spanien viel dünner. Man hat nicht so viele Variantionsmöglichkeiten wie dort. Wir hätten heute weiter laufen können, ca. 25 km, dann aber entweder wieder ca 25 km oder nur 10 km. Wir wollen sowieso nicht 25 km gehen, also teilen wir die Entfernungen auf. Heute also "nur" 14,9 km bis Barcelinhos. In Barcelinhos kommen wir im Clubhaus einer Folkoloregruppe unter, bei der Grupo Volclórico de Barcelinhos. Die Aufnahme ist sehr freundlich. Es gibt hier zwei Schlafsäle mit je 42 Betten, wir sind aber nur zu siebt heute Nacht. Abends kann man ein Pilgermenu für 6 € bekommen. Wir sitzen mit zwei Pilgern aus Aachen und einem Koreaner am Tisch, dem man in Lissabon sein Handy geklaut hat. Er hat da dummerweise auch ein Foto mit seinen Kontodaten drauf und weiß nun nicht recht, was er machen soll. Leider ist die Kommunikation mit ihm sehr schwierig und wir können ihm nicht wirklich helfen.

Barcelos - der eigentliche Ort - erreichen wir über die Brücke. Es ist ein netter quirliger Ort , in der Stadt tanzen Gruppen auf der Straße und singen. Dabei ist heute kein besonderer Tag hier, es ist nur Sonntag und die Leute aus den umliegenden Dörfern kommen her um zu feiern. In der Stadt machen wir die Bekanntschaft mit einem Ex-Profi-Fußballer, der (so sagt er) in Stuttgart, München und Dortmund gespielt hat. Er setzt sich an unseren Tisch und textet uns dann erbarmungslos eine Stunde zu - er liebt es, sein Englisch anzuwenden - das ist seine Motivation für dieses Gespräch! Anfangs ist das ja interessant, aber dann hat es Längen!

Übrigens war es ganz gut, dass wir in Barcelinhos Stopp gemacht haben, die kleine Herberge von Barcelos war überfüllt, so dass man nur noch auf dem Boden hätte schlafen können! Sie soll aber eine sehr schöne Atmosphäre haben, erzählte uns jemand später.

Unterkunft: Barcelinhos: Grupo Volclórico de Barcelinhos 5 €


  Hinter Rates
 
  Viel Eukalyptus
 
  Die nette Bar in Pedra Furada
 
  Barcelos
 
  Die Herberge von Barcelinhos
 
  Der Schlafraum
 


Montag, 26.05.2014: Barcelinhos - Vitorino dos Piáes/ Casa Fernanda: 17 km

So muss Pilgern!




Das wird ein abwechslungsreicher Tag! Die Nacht war ziemlichkalt, ich brauchte meine Fleecejacke und Socken zum Schlafen. Aber die Sonne scheint wieder und es wird angenehm warm tagsüber.

Zunächst genehmigen wir uns ein Frühstück in der Sonne in Barcelinhos, bevor wir uns auf den Weg machen. Bis Portela de Tamel geht es über Feldwege und durch Wald. Am Wegesrand wachsen irre viele Blumen mit pinkfarbenen Blüten - eine Art Digitalis?? Irgendein Witzbold hat mitten im Wald zwei Sessel neben ein Camino-Schild gestellt und erst jetzt erkenne ich, woher der Name "Santiago" kommt: von San Tiago! Also: Tiago heißt offensichtlich Jakob! Wieder etwas gelernt!

Mittags kommen wir in Portela de Tamel an, wo tote Hose ist! Gottseidank können wir im einzigen Restaurant etwas trinken und eine Kleinigkeit essen.

Unser Plan ist, die Strecke nach Ponte de Lima in zwei 17 km Etappen zu teilen, denn schon seit Rates stoßen wir auf Reklame-Schilder einer Unterkunft (Casas do Rio), die diesen Vorschlag macht. Man verspricht "special prices for pilgrims".

Der Weg heute ist wirklich schön, es geht durch Weinfelder, man hat Blick auf die hügelige Landschaft, es geht entlang einer alten Römerstraße - mit den entsprechenden Steinen und hübschen alten Brücken.

In Balugaes müssen wir vom Caminho ab, um die geplante Herberge "Casas do Rio" zu erreichen. Noch 2 km verspricht man uns. Aha. Aber man hat wohl eine andere Maßeinheit hier, der Weg zieht sich, noch eine Ecke und noch ein Abzweig, nur noch 900 m angeblich...!
Wir sind inzwischen schon ein wenig genervt und stehen dann plötzlich vor einem herrschaftlichen Anwesen! Sieht teuer aus! Aber fragen kostet ja nichts. Der "special price for pilgrims" entpuppt sich als DZ für 45 € oder für 50 €! Dem Sohn des Hauses, mit dem wir sprechen, entgleiten die Gesichtszüge, als wir dankend ablehnen und sagen, dass uns das zu teuer sei!
Ablehnung ist er offensichtlich nicht gewohnt!

Wir rufen statt dessen bei der Casa Fernanda an (steht im Joos), wo wir noch zwei Betten bekommen können. Die 4 km schaffen wir nun auch noch. Kaum sind wir auf der Straße, als ein Auto neben uns anhält und der junge Mann uns fragt, ob wir Deutsche sind. Als wir bejahen, springt er hocherfreut aus dem Auto und will uns in seinem Auto mitnehmen. Wir haben aber schon im nächsten Dorf etwas reserviert! Macht nichts, das liegt auf seinem Weg. Na gut. Unterwegs erklärt er, dass er uns sein Haus zeigen wolle, da könnten wir auch eine Kleinigkeit zusammen trinken. Ablehnung ist unmöglich, das gehört zur Gastfreundschaft! Der junge Mann spricht hervorragend deutsch mit schweizer Akzent. Er arbeitet seit 27 Jahren in der Schweiz und freut sich immer, wenn er seine Sprachkenntnisse anwenden kann! Und wir haben uns dann (mal wieder) auf ein solches Gespräch eingelassen! Er zeigt uns sein Elternhaus, das er geerbt hat und nun kernsanieren muss. Er will vielleicht etwas Touristisches daraus machen, erklärt er.
Anfangs ist es auch interessant, nur hört der junge Mann gar nicht auf, von sich und seinen Probleme oder Ideen zu erzählen, er dreht sich im Kreis, erzählt immer wieder dasselbe, verschwindet dann bei den Arbeitern, die das Haus renovieren, reagiert nicht auf unsere Bitten, dass wir nun endlich weiter müssen - er will uns zu Fernanda fahren, hat er gesagt...
Das ganze dauert 2 Stunden! Inzwischen fragt man sich bei Fernanda, wo wir abgeblieben sind und guckt erstaunt, als wir dort ankommen und aus einem Auto steigen! Unser Chauffeur hält sich noch eine Weile hier im Garten auf und unterhält sich, ehe er - ohne sich zu verabschieden - verschwindet.

Die Atmosphäre bei Fernanda ist großartig! So muss Pilgern! Es sind 14 Pilger hier, man schläft in einem Holzhaus mit Einzelbetten und zwei Bädern. Es gibt einen schönen Garten.
Abends isst man gemeinsam in der Küche von Fernanda und Jocinto. Lecker! Es gibt Kohlsuppe und danach einen reichhaltigen Fisch-Gemüse-Eintopf! Dazu fließt reichlich Wein, selbst gebrauter "Aqua caliente" (Schnaps) und roter und weißer Portwein! Am Tisch sitzen Franzi und Lutz, die beiden Finnen (Eeva und Mika) und die Australier(Sue und Sue und Tony), sowie die drei deutschen Frauen (Brigitte, Gertie und Anke), die wir alle schon in Rates gesehen hatten und die uns mehr oder minder bis Santiago begleiten werden! Außerdem eine Kanadierin, ein Italiener und eine Holländerin. Die Unterhaltung geht kreuz und quer über den Tisch - es ist einfach nur toll!


Unterkunft: Vitorino dos Piáes: Casa Fernanda: Donativo


 
 
  Alte Römerbrücke
 
  Casa Fernanda
 
  Casa Fernanda
 
  Casa Fernanda
 
  Casa Fernanda
 
  Fernanda und Jocinto
 
  Fernanda und Jocinto
 




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